Der Nationalrat hat beschlossen:
Das Wohnungseigentumsgesetz 2002, BGBl. I Nr.
70/2002, zuletzt geändert durch die Grundbuchs-Novelle 2020, BGBl. I Nr. 81/2020, wird wie folgt geändert:
1. § 16 Abs. 2 und 3 lautet:
„(2) Der Wohnungseigentümer ist zu Änderungen
(einschließlich Widmungsänderungen) an seinem Wohnungseigentumsobjekt auf seine Kosten berechtigt. Die Änderungen bedürfen der Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer, sofern die Beeinträchtigung
schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer möglich ist. Unter den folgenden Voraussetzungen darf eine Zustimmung nicht verweigert und kann eine nicht erteilte Zustimmung
gerichtlich ersetzt werden:
(3) Ist eine behördliche Bewilligung für
Änderungen erforderlich, die die anderen
Wohnungseigentümer nach Abs. 2 dulden müssen,
so dürfen diese eine für die Erlangung der Bewilligung allenfalls erforderliche Mitwirkung nicht verweigern.“
2. Dem § 16 werden folgende Abs. 4 bis 8 angefügt:
„(4) Abs. 2 Z 1 und Abs. 3 gelten sinngemäß auch
für Änderungen im Bestand räumlich unmittelbar aneinandergrenzender Wohnungseigentumsobjekte sowie für die Übertragung von Zubehörobjekten.
(5) In den Fällen der barrierefreien
Ausgestaltung eines Wohnungseigentumsobjekts oder von allgemeinen Teilen der Liegenschaft, der Anbringung einer Vorrichtung zum Langsamladen eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs, der Anbringung einer
Solaranlage an einem als Reihenhaus oder
Einzelgebäude errichteten
Wohnungseigentumsobjekt, der Anbringung von sich in das Erscheinungsbild des Hauses harmonisch einfügenden Vorrichtungen zur
Beschattung eines Wohnungseigentumsobjekts sowie des Einbaus von einbruchsicheren Türen gilt die Zustimmung eines Wohnungseigentümers als
erteilt, wenn er von der geplanten Änderung
durch Übersendung auf die in § 24 Abs. 5 bestimmte Weise verständigt worden ist und der Änderung nicht innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Verständigung widerspricht. In der Verständigung muss die
geplante Änderung klar und verständlich beschrieben und müssen die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs genannt werden. Ein Widerspruch muss dem die Änderung anstrebenden
Wohnungseigentümer auf Papier oder in dauerhaft speicherbarer elektronischer Form übermittelt werden. Eine wesentliche und dauernde Beeinträchtigung seines Wohnungseigentums- oder Zubehörobjekts muss ein
Wohnungseigentümer allerdings auch dann nicht dulden, wenn er einen Widerspruch unterlassen hat.
(6) Hat eine Änderung, für die auch allgemeine
Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen wurden (Abs. 2 Z 2), im Weiteren höhere Kosten für die Erhaltung dieser allgemeinen Teile zur Folge, so hat der Wohnungseigentümer die durch seine Änderung
verursachten Mehrkosten zu tragen.
(7) Der Wohnungseigentümer hat das
Wohnungseigentumsobjekt und die dafür bestimmten Einrichtungen, insbesondere die Strom-, Gas- und Wasserleitungen sowie die Beheizungs- und sanitären Anlagen, auf seine Kosten so zu warten und in Stand zu
halten, dass den anderen Wohnungseigentümern kein Nachteil erwächst. Er hat ferner das Betreten und die Benützung des Wohnungseigentumsobjekts zu gestatten, soweit dies zur Erhaltung der allgemeinen Teile
der Liegenschaft oder zur Behebung ernster Schäden des Hauses erforderlich ist; für die vermögensrechtlichen Nachteile, die er dadurch erleidet, ist er von der Eigentümergemeinschaft angemessen zu
entschädigen.
(8) Ein Wohnungseigentümer, der in seiner Garage
oder an seinem Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug eine einzelne Vorrichtung zum Laden eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs angebracht hat, muss deren Nutzung nach Inbetriebnahme einer gemeinsamen
Elektro-Ladeanlage unterlassen, wenn die
Eigentümergemeinschaft dies auf Grundlage eines
darüber gefassten Beschlusses von ihm verlangt und die elektrische Versorgung der Liegenschaft durch eine Beteiligung an der gemeinsamen Anlage besser genützt werden kann als durch die weitere Nutzung der
Einzelladestation; diese Unterlassungspflicht tritt aber frühestens fünf Jahre nach Errichtung der Einzelladestation ein.“
3. In § 20 Abs. 1, § 22 Abs. 2, § 28 Abs. 1, §
29 Abs. 1 und § 32 Abs. 4 wird nach der Wortfolge „Mehrheit der
Wohnungseigentümer“ jeweils der
Klammerausdruck „(§ 24 Abs. 4)“
eingefügt.
4. Dem § 20 Abs. 4 werden folgende Sätze angefügt:
„Wenn für solche Arbeiten eine
Kreditfinanzierung in Aussicht genommen ist, kann der Verwalter den Wohnungseigentümern die unmittelbare Zahlung des auf ihren Miteigentumsanteil entfallenden Teils der an sich erforderlichen Kreditsumme ermöglichen. Macht ein
Wohnungseigentümer von dieser
Möglichkeit Gebrauch, so sind die Aufwendungen
für die – dadurch vermindert notwendige – Kreditfinanzierung ausschließlich von den anderen Wohnungseigentümern zu tragen.“
5. § 20 Abs. 7 und 8 lautet:
„(7) Der Verwalter hat auf Verlangen jedem
Wohnungseigentümer Auskunft über den Inhalt des Verwaltungsvertrags, besonders über die Entgeltvereinbarungen und den Umfang der vereinbarten Leistungen, und im Fall einer schriftlichen Willensbildung
(§ 24 Abs. 1) über das Stimmverhalten der anderen Wohnungseigentümer zu geben.
(8) Weiters hat der Verwalter jedem
Wohnungseigentümer, der dies zur Verständigung der anderen Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit der Ausübung von Rechten und Gestaltungsmöglichkeiten, die sich aus dem Wohnungseigentum ergeben, von ihm
verlangt, Auskunft über die Namen und die Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer zu geben; E-Mail-Adressen dürfen nur mit der Einwilligung des betreffenden Wohnungseigentümers
mitgeteilt werden. Der Wohnungseigentümer darf
die mitgeteilten Daten ausschließlich für die
genannten Verständigungszwecke verwenden. Ein Wohnungseigentümer kann dem Verwalter die Weitergabe seiner Zustellanschrift nur dann untersagen, wenn er ihm gleichzeitig eine andere inländische Anschrift
oder eine E-Mail-Adresse bekannt gibt, über
die er verständigt und die an andere
Wohnungseigentümer weitergegeben werden kann.“
6. Dem § 20 werden folgende Abs. 9 und 10 angefügt:
„(9) Die dem Verwalter als Machthaber nach dem
22. Hauptstück des Zweiten Teils des ABGB auferlegten Verbindlichkeiten können weder aufgehoben noch beschränkt werden.
(10) Wenn der Verwalter seine Pflichten grob
verletzt, kann die Eigentümergemeinschaft – neben allfälligen Schadenersatzansprüchen – auch eine Herabsetzung des mit dem Verwalter vereinbarten Entgelts nach Maßgabe der mit dem Pflichtverstoß
einhergehenden Minderung des Nutzens aus der
Verwaltertätigkeit verlangen.“
7. § 24 Abs. 4 lautet:
„(4) Für die Mehrheit der Stimmen der
Wohnungseigentümer ist entweder die Mehrheit aller Miteigentumsanteile oder die Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, ebenfalls berechnet nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile, erforderlich.
Im zweitgenannten Fall muss die Mehrheit
überdies zumindest ein Drittel aller
Miteigentumsanteile erreichen. Bei Stimmengleichheit kann jeder Wohnungseigentümer die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung des Gerichts beantragen. Wer den Wohnungseigentümern einen Vorschlag für
einen Beschluss zur Abstimmung
unterbreitet, hat darin über die gesetzlichen
Regelungen über die Stimmenmehrheit zu informieren und darauf hinzuweisen, dass demnach ein auch mehrheitliches Unterbleiben der Stimmabgabe eine wirksame
Beschlussfassung nicht jedenfalls
verhindert.“
8. In § 25 wird nach Abs. 2 folgender Abs. 2a
eingefügt:
„(2a) Der Verwalter kann Wohnungseigentümern die
Möglichkeit zur Teilnahme an der Eigentümerversammlung im Wege elektronischer Kommunikation, etwa durch eine Videokonferenzverbindung, einräumen.“
9. In § 25 Abs. 3 und in § 30 Abs. 2 erster Satz
wird jeweils die Wortfolge „Mehrheit
der Miteigentumsanteile“
durch die Wortfolge „Mehrheit der Stimmen (§ 24 Abs. 4)“ ersetzt.
10. In § 30 Abs. 2 lautet der dritte
Satz:
„Der Stimmenmehrheit (§ 24 Abs. 4) eines
einzelnen Wohnungseigentümers ist es gleichzuhalten, wenn mehrere Personen, die miteinander durch ein familiäres oder wirtschaftliches Naheverhältnis verbunden sind, über die Mehrheit der Stimmen im Sinn des § 24 Abs. 4
verfügen.“
11. § 31 Abs. 1 lautet:
„(1) Die Wohnungseigentümer haben eine
angemessene Rücklage zur Vorsorge für künftige Aufwendungen (§ 32) zu bilden. Bei der Festlegung der Beiträge zur Bildung der Rücklage ist auf die voraussichtliche Entwicklung der Aufwendungen, darunter
insbesondere auch auf künftige Aufwendungen zur thermischen Sanierung oder energietechnischen Verbesserung des Gebäudes, Bedacht zu nehmen. Die monatlichen Beiträge zur Rücklage dürfen
insgesamt jenen Geldbetrag, der sich aus der Multiplikation der Nutzfläche aller Wohnungseigentumsobjekte mit dem Betrag von 0,90 Euro ergibt, nur dann ausnahmsweise unterschreiten, wenn ein Gesamtbetrag in
dieser Höhe – entweder wegen des besonderen Ausmaßes der bereits vorhandenen Rücklage oder wegen einer erst kurz zurückliegenden Neuerrichtung oder durchgreifenden Sanierung des Gebäudes –
zur Bildung einer angemessenen
Rücklage nicht erforderlich ist oder wenn im
Fall einer Reihen- oder Einzelhausanlage die Wohnungseigentümer die Erhaltungspflicht nach § 28 Abs. 1 Z 1 vertraglich übernommen haben. Der Beitrag des einzelnen Wohnungseigentümers richtet sich nach
§ 32.“
12. Dem § 31 wird folgender Abs. 5 angefügt:
„(5) Ab dem 1. Jänner 2024 vermindert oder
erhöht sich der in Abs. 1 angeführte Betrag von 0,90 Euro jedes zweite Jahr in dem Maß, das sich aus der Veränderung des von der Bundesanstalt Statistik Österreich verlautbarten Indexwerts des
Verbraucherpreisindex 2020 für den Monat Juni des jeweiligen Vorjahrs gegenüber dem Indexwert 102,6 (Indexwert für den Monat Juni 2021) ergibt. Bei der Berechnung des neuen Betrags sind Beträge, die einen halben
Cent nicht übersteigen, auf den nächstniedrigeren ganzen Cent abzurunden und Beträge, die einen halben Cent übersteigen, auf den nächsthöheren ganzen Cent aufzurunden. Der neue Betrag gilt
jeweils ab dem 1. Jänner des betreffenden Jahres. Die Wirtschaftskammer Österreich hat den neuen Betrag bis spätestens Ende November des jeweiligen Vorjahrs auf der Homepage des Fachverbandes der
Immobilien- und Vermögenstreuhänder zu
veröffentlichen.“
13. In § 34 Abs. 1 erster Satz wird die Wortfolge „an die in § 24 Abs. 5 bestimmte Anschrift zu übermitteln“ durch die Wortfolge „auf die in § 24 Abs. 5 bestimmte Weise zu übersenden“ ersetzt.
14. § 52 Abs. 1 Z 2 lautet:
„2. Zustimmung zu Änderungen (§ 16 Abs. 2 bis 5) und Duldung von Erhaltungsarbeiten einschließlich der Entschädigung eines dadurch
beeinträchtigten Wohnungseigentümers (§ 16 Abs. 7);“
15. § 52 Abs. 1 Z 6 lautet:
„6. Durchsetzung der Pflichten des Verwalters mit
Ausnahme der Herabsetzung des Entgelts (§ 20 Abs. 1 bis 8, § 31 Abs. 3);“
16. Nach dem § 58f wird folgender § 58g samt Überschrift eingefügt:
„Übergangsbestimmung zur WEG-Novelle 2022
§ 58g. (1) § 16 Abs. 2 bis 8, § 20 Abs. 4 und 7 bis 10, § 25 Abs.
2a, § 34 Abs. 1, § 52 Abs. 1 Z 2 und
6 und § 58g Abs. 5 und 6 jeweils in der Fassung
der WEG-Novelle 2022, BGBl. I Nr. 222/2021, treten mit 1. Jänner 2022 in Kraft.
(2) § 20 Abs. 1, § 22 Abs. 2, § 24 Abs. 4, § 25
Abs. 3, § 28 Abs. 1, § 29 Abs. 1, § 30 Abs. 2, § 31 Abs. 1 und 5 und § 32 Abs. 4 jeweils in der Fassung der WEG-Novelle 2022, BGBl. I Nr. 222/2021, treten mit 1. Juli 2022 in Kraft.
(3) § 16 Abs. 8 in der Fassung der WEG-Novelle
2022, BGBl. I Nr. 222/2021, ist auf Einzelladestationen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2021 errichtet werden.
(4) § 24 Abs. 4 in der Fassung der WEG-Novelle
2022, BGBl. I Nr. 222/2021, ist auf Willensbildungsvorgänge anzuwenden, die nach dem 30. Juni 2022 eingeleitet werden.
(5) Wenn bei einer Festsetzung der Nutzwerte
nach dem Wohnungseigentumsgesetz 1975 für selbständige Geschäftsräume der Nutzwert höher als mit dem Dreifachen der Nutzfläche festgesetzt wurde oder dabei für selbständige Geschäftsräume ein
Regelnutzwert zugrunde gelegt wurde, der mehr als das Dreifache des für Wohnungen zugrunde gelegten Regelnutzwerts betrug, oder wenn bei einer Festsetzung der Jahresmietwerte nach dem
Wohnungseigentumsgesetz, BGBl. Nr. 149/1948, für selbständige Geschäftsräume ein Jahresmietwert pro Quadratmeter Gesamtfläche festgesetzt wurde, der den Durchschnitt des für Wohnungen festgesetzten
Jahresmietwerts pro Quadratmeter Gesamtfläche um mehr als das Dreifache übersteigt, kann jeder Wohnungseigentümer eines solchen selbständigen Geschäftsraums bis zum Ablauf des Jahres 2024 eine
Neufestsetzung des Nutzwerts oder Jahresmietwerts seines Wohnungseigentumsobjekts dahingehend beantragen, dass der dafür jeweils maßgebliche Schwellenwert nicht mehr überschritten wird. Durch
Neufestsetzungen nach dieser Bestimmung darf aber der Anteil des Nutzwerts oder Jahresmietwerts einer Wohnung an der Summe der Nutzwerte oder Jahresmietwerte um nicht mehr als 20 vH von ihrem früheren
Anteil abweichen. Im Verfahren zur Neufestsetzung sind allfällige weitere Wohnungseigentümer von im Sinn des ersten Satzes zu hoch bewerteten selbständigen Geschäftsräumen auf die
Möglichkeit einer Antragstellung nach dieser Bestimmung hinzuweisen. Die Änderung der Miteigentumsanteile aufgrund einer Neufestsetzung ist auf Antrag auch nur eines der von der Änderung betroffenen
Miteigentümer nach § 10 Abs. 3 vorzunehmen; unabhängig vom Ausmaß der Änderung bedarf es dazu einer Zustimmung der übrigen Miteigentümer oder Buchberechtigten nicht.
(6) Wenn eine Eigentümerversammlung gemäß § 25
Abs. 1 erster Satz spätestens im Zeitraum vom 1. März 2020 bis zum 30. Juni 2021 hätte durchgeführt werden müssen, der Verwalter jedoch wegen der COVID-19-Pandemie von deren Einberufung abgesehen hat, muss
der Verwalter die Eigentümerversammlung
bis spätestens 30. Juni 2022 durchführen. Fällt die Frist für die Durchführung einer Eigentümerversammlung in den Zeitraum vom 1. Juli bis
zum 31. Dezember 2021, so verlängert sich
diese Frist um ein Jahr.“
Van der Bellen
Nehammer